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Wie und wann fängt man mit einem Jungpferd an zu arbeiten? – Holistic Horse Training Blog

Holistic Horse Training

Wie und wann fängt man mit einem Jungpferd an zu arbeiten?

Jedem Besitzer eines jungen Pferdes stellt sich die Frage, wann man was und wie beginnen sollte zu üben. Die Meinungen gehen natürlich bisweilen diametral auseinander, aber hier meine 5 Cent zum Thema.

Nach 30+ Jahren Erfahrungen mit Fohlen und Jungpferden aufziehen und Pferde ausbilden glaube ich, ein wenig dazu beitragen zu können.

Gleich nach der Geburt des Fohlens (sofern ich sie ausnahmsweise mal nicht verpasse, weil die Stuten immer einen unbeobachteten Moment abwarten) rubble ich die Fohlen mit einem Frotteetuch trocken. Dabei kann man das Geschlecht feststellen und den Nabel desinfizieren. Ich mache auch etwas “Imprint Training” nach Dr. med. vet. Robert M. Miller, halte jeden Fuss kurz fest, berühre das Kleine überall und halte es auch ein wenig am Kopf fest, wie dies später ein Halfter tut. Die meisten Fohlen stehen danach gleich auf, bzw. versuchen es ein paar Minuten lang, bis es klappt. Das müssen sie alleine schaffen und helfen darf ich erst, wenn es mehr als 2 Stunden versucht hat. Sobald es steht, sucht es nach dem Euter und trinkt die wichtige Kolostralmilch. Dann geht es ein bisschen herum und wird schliesslich müde. Abliegen kann es ja noch nicht, also fällt es irgendwann müde um. Das ist der Moment, selbst weiterschlafen zu gehen.
Verpasse ich die Geburt und das Fohlen ist schon trocken, hat getrunken und kann aufstehen und abliegen, warte ich, bis es wieder liegt und mache dann einen Moment “Imprint” Training. Lieber spät als nie.

Am ersten Tag lege ich dem Fohlen ein Halfter an und halte es mit einem Seil fest, damit es lernt, dass man nicht zu toben braucht. Sobald das Fohlen still steht, geht der Zug am Seil weg, zieht es, gebe ich nicht nach. So lernt auch ein kleines Fohlen, dass der Druck nachlässt, wenn es stehen bleibt. Ich halte jeden Huf kurz hoch. Am einfachsten geht das, wenn auf der anderen Seite die Mama oder eine zweite Person steht, damit es sich wenigstens optisch etwas anlehnen kann. Dann noch etwas bürsten und fertig ist die Babyschule. Dies wiederhole ich die ersten drei Lebenstage, danach werden Mutter und Kind in die Herde entlassen.

Im Herbst bringe ich Mutter und Kind in den Pen, um die Hufe zu machen und eine Wurmkur zu geben. Da die Fohlen nach einem Sommer in der Wildnis nicht mehr ans Halfter gewöhnt sind, dauert es ein paar Tage, bis man sie aufhalftern kann. Mein Vorgang ist so:
ich gewöhne das Fohlen erst an Leckerli, was recht schnell geht, weil Mama die ja genüsslich vertilgt und das Kleine von Mama lernt, was essbar ist und was nicht.
Dann binde ich die Stute an, damit sie die Leckerli nicht mehr vor dem Fohlen wegschnappen kann und locke das Fohlen mit Leckerli, Name und “komm” zu mir. Leckerli und stimmliches Lob “braaav”.
Als nächsten Schritt berühre ich das Fohlen und lobe, wenn es stehen bleibt.
Vierte Stufe ist berühren mit Seil und Halfter. Loben.
Dann lege ich ihm das Seil über den Hals. Loben, wenn es nicht zurück weicht.
Schliesslich halte ich das Seil unten am Hals locker zusammen und halte fest, wenn es weichen will. Loben, wenn es stehen bleibt.
Jetzt kommt das Halfter anziehen. Das mag keines und alle weichen rückwärts. Das ist der Moment, wo ich das Seil um den Hals fest halte und das Halfter geschwind über die Ohren streife. Ist das Halfter erst mal an, kann man das Seil am Hals loslassen und das Fohlen beruhigt sich wieder, wofür es Lob und Leckerli bekommt.

Das erste Hufe bearbeiten ist in der Regel wesentlich unspektakulärer, als man befürchtet. Ich mache erst Mamas Hufe und lasse das Fohlen zuschauen, dann bleibt Mama neben dran und die kleinen Hufe werden gemacht. Da ist idealerweise wieder jemand dabei, der etwas stützt während an den Hinterhufen gearbeitet wird, aber vor allem jeden gut gemachten Teilschritt mit Leckerli belohnt. Wichtig ist, dass man nicht vergisst, dass vor allem das Hinterhufe geben ein sehr ungewohnter Balanceakt darstellt und nicht jedes Huf aus der Hand reissen aus Jux und Dollerei erfolgt, sondern meistens dem Gleichgewichtsverlust zuzuschreiben ist. Das darf man nicht bestrafen. Meint aber der Jungspund mit mir Kräfte messen zu müssen, dann kommt auch mal ein scharfes “Nein!” oder ein Klaps auf den Hintern. Spätestens dann, kann ich den Huf gesittet und brav auf dem Knie behalten.

Die nächsten paar Tage übe ich mit dem Fohlen ins Halfter schlüpfen. Am einfachsten geht dies wieder zu zweit. Man steht etwas rechts und links vor dem Fohlen und hält mit drei Händen das Halfter so hin, dass die Fohlennase einfach hinein schlüpfen kann. Zu Beginn nur durch das Genickband, das Nasenband hängt hinunter. Die vierte Hand hält ein Leckerli auf der anderen Seite des Halfters hin, so dass das Fohlen durch das Halfter hindurch zur Hand muss. Nach ein paar Mal üben, klappt das ganz gut.
Als nächste Stufe lässt man es durchs Genickband zum Leckerli, zieht aber dabei das Halfter über die Ohren (immer noch ohne Nasenband). Leckerli, sobald das Halfter an ist. Ebenso gebe ich ein Leckerli, wenn ich das Halfter ausziehe, damit das Fohlen lernt, dass es nicht davon rennen soll, kaum ist das Halfter halb vom Kopf runter.
Der letzte Schritt ist dann das ganz ins Halfter schlüpfen, inklusive Nasenband. Dazu hält man mit je einer Hand seitlich vom Genickriemen, die dritte Hand hält das Nasenband oben etwas hoch und die vierte Hand reicht das Leckerli.
Nun fange ich auch mit ganz simplen Führübungen an. “Komm” und antreten, “hoo” zum Anhalten und ein, zwei Schritte Rückwärts. Mehr muss es noch nicht können.
Nach etwa einer Woche klappt das alles und die beiden gehen wieder in die Herde zurück. (Da ich immer zwei Fohlen pro Jahr zog, waren auch immer zwei Mütter mit Kindern im Pen, so dass niemand alleine sein musste.)

Ich habe meinen Leckerlivorrat in einem bestimmten Eimer mit blauem Deckel. Gut erkennbar für die Pferde. Mit diesem Eimer gehe ich sie einige Male pro Woche besuchen, so dass der Eimer ein begehrtes Wahrzeichen ist und alle gleich herkommen. Dies ist auch ein guter Trick, um die 12 Pferde von einer Ecke des Grundstücks in eine andere Ecke zu bringen… Sie laufen einfach dem Eimer hinterher. Ab und zu habe ich auch ein Halfter dabei, um mir ein Reittier zu holen und nicht selten schlüpft ein Jungpferd ungefragt und übereifrig ins Halfter, nur um ein Leckerli zu bekommen!

Die nächsten paar Jahre mache ich nicht viel mehr mit den Jungen, ausser Wurmkuren geben, Hufe bearbeiten und dabei etwas bürsten oder mit Bremsenmittel einschmieren.

Ich warte ab, dass sich ein Jungpferd für mehr Interaktion mit mir anbietet. Dies ist bei einigen im Alter von 2 Jahren, andere brauchen 4 Jahre dazu. Der Vorteil davon ist, dass man dann mit ihnen einfache Dinge üben kann und sie mental auch dazu bereit sind. Muss ich ein Pferd zu Arbeit mit mir zwingen und ihm erst hinterher laufen zum Einfangen, habe ich für das nächste Vierteljahr verloren. Die sind weg, bevor ich in ihre Nähe kann und ich muss erst wieder ihr Vertrauen erlangen.

Bietet sich also jemand an, beginne ich mit Führübungen an Halfter und Seil. Antreten, Anhalten, ein, zwei Schritte zurück, die Hinterhand von mir weg drehen (“Vorhandwendung”) und alles von links und rechts und mit viel Stimm- und Leckerlilob. 10 Minuten reichen, so dass es weder langweilig wird, noch die Konzentration nachlässt, bevor ich Schluss mache. Das Pferd soll Lust auf mehr behalten.
Auch kurze Sequenzen Bodenarbeit und Gelassenheitstraining oder mal ein Ausflug als Handpferd sind durchaus im Alter von 2 Jahren schon machbar.

Zu Beginn der etwas regelmässigeren Ausbildungszeit (wenn das Pferd so um die 5 Jahre alt ist), fange ich mit Bodenarbeit und Gelassenheitstraining an, bzw. intensiviere dieses Training ein wenig. Antreten und anhalten auf mein Signal, in verschiedenen Abständen zu mir gehen und anhalten. Um und über Stangen gehen, um und über Reifen, Bretter, Brücken, Pilonen, Karton und Plastik gehen, unter Vorhängen und zwischen Schreckgassen hindurch. Immer von rechts und links, weil dies für das Pferdehirn zwei völlig verschiedene Perspektiven sind. Und wie bei uns Reitern, ist es auch beim Pferd wichtig, dass es auf beide Hände gleichmässig flexibel wird. Hier geht’s zu ein paar Übungen für reiterliche Flexibilität…

Als nächstes Thema kommt das Longieren hinzu. Ich longiere mit einem Pluvinel oder Caveçon Kappzaum oder an einem gut sitzenden Nylonhalfter.
Die meisten Pferde traben nach ein paar Runden im Schritt von selbst an. Das nutze ich, um gleich den Befehl fürs Antraben zu geben, grad so, als wäre das Antraben meine Idee gewesen. Später, also wenn es versteht, was mein “Trab” bedeutet, soll es das aber nur auf meinen Wunsch und mein Signal hin tun.
Kennt das Pferd den “Trab”befehl aber schon von der Bodenarbeit her, pariere ich es in den Schritt und lasse es danach auf mein Signal wieder antraben.
Ich bin kein Fan vom Pferde zentrifugieren, weshalb mein Longierstil mich mit dem Pferd mitgehen lässt. So kann man Zirkel, Volten, Geraden und Wechsel durch den Zirkel longieren, aber auch Wechsel durch die ganze Bahn oder Schlangenlinien, was alles wesentlich amüsanter und fordernder ist, als die Ferse in den Boden zu bohren und das Pferd im Kreis rennen zu lassen. Ausserdem fördert es die Kommunikation mittels Körperspannung und -haltung und unser Raumvorstellungsvermögen, plus auch unsere Kondition 😉
Hin und wieder baue ich auch ein paar Stangen oder Cavaletti in die Trainingseinheit ein, so dass die Arbeit fürs Pferd nochmals spannender wird und Luftibusse ein wenig geerdet werden, weil sie sich auf die Dinge vor ihren Füssen konzentrieren müssen.
Mit der Zeit schnalle ich zusätzlich ein Gebiss ein. So kann sich das Jungpferd daran gewöhnen, noch ohne irgendwelche Hilfen darüber zu erhalten.
Ein weiterer Schritt ist schliesslich der temporäre Einsatz eines Gogues, um dem Pferd die Möglichkeit zu geben, Bekanntschaft mit dem Druck am Gebiss zu machen. Dieser Hilfszügel hilft auch den Hans-guck-in-die-Luft Kandidaten, da er nur die Haltung nach oben begrenzt, jedoch weder zur Seite noch nach vorne-abwärts limitiert.

Schliesslich führe ich die Doppellonge ein. Mit ihr lernt das Pferd Anlehnung ans Gebiss, sowie (rudimentäre) Zügelhilfen und äussere Begrenzung. Wie auch an der einfachen Longe lassen sich verschiedene Figuren, aber auch Wechsel aus dem Zirkel longieren. Ausserdem kann man auch ein bisschen Arbeit am Langen Zügel einbauen und dem Pferd das Vorausgehen beibringen. Diese Arbeit fördert zuweilen auch das Selbstvertrauen von eher schüchternen Pferden.

Nach der Doppellongenarbeit geht es an die Handarbeit, welche Stellung und Biegung, sowie Seitengänge und vermehrter Einsatz der Hinterhand einbindet. Handarbeit ist für den Menschen ebenso lehrreich, wie fürs Pferd. Man lernt die verschiedenen Seitengänge kennen und erarbeiten. Ausserdem ist Handarbeit konzentrations- und konditionsfördernd. Das Pferd lernt sich in und gegen die Bewegungsrichtung zu biegen und stärkt dabei seine Hinterhand, die zunehmend zu mehr Lastaufnahme befähigt wird.

Während der ganzen vorangehenden Ausbildungszeit nehme ich das Jungpferd immer mal wieder als Handpferd mit auf Ausritte. Nach ein paar Mal auch gesattelt und gezäumt. Zwischendurch stütze ich mich während des Ausritts mit einer Hand auf dem Sattel des Neulings ab, so dass er etwas Gewicht auf dem Rücken hat. Ich sage Gangartenwechsel mit den gleichen Befehlen wie bei der Arbeit vom Boden aus an, so gewöhnt sich das junge Pferd and Stimmen von oben. Ich bin nicht zimperlig bei der Wahl der Strecke, so dass es sich auf seine Füsse konzentrieren muss und auch mal ein Busch am Sattel raschelt.

Schliesslich kommt noch das Reiten als Krönung dazu. Am liebsten habe ich dazu jemanden auf einem erfahreneren Pferd, mit dem sich das Jungpferd gut versteht (idealerweise das Pferd von den Handpferdeausflügen), dabei. Das Jungpferd trägt einen Kappzaum mit Führleine vom mittleren Ring zum Begleitpferdereiter, Zügel vom rechten und linken Ring und normale Reittrense mit Zügeln zum eigenen Reiter (der reitet also mit 2+2 Zügeln). Dies ist allerdings vom Jungpferd abhänging. Es gibt welche, die verstehen die Hilfen am Kappzaum besser und andere die Hilfen an der Trense. Letztere reite ich in dem Fall bereits mit nur 2 Zügeln.
Ich stelle das Begleitpferd mit Reiter etwas seitlich vor das Jungpferd, welches neben der Aufstieghilfe steht. Dann steigt der Jungpferdereiter auf und der kurze Ausritt im Schritt beginnt.
Steht kein Hilfspferd zur Verfügung, bitte ich eine Person um Mithilfe. Die Hilfsperson hält die Führleine zum Kappzaum und fungiert als Notbremse im Notfall. Ich lasse sie diese 10 Minuten dauernde Schrittrunde neben dem Pferd mitgehen, als würde sie das Pferd führen.
Während diesem ersten kleinen Ausritt verhalte ich mich relativ passiv auf dem jungen Pferd. Ich nehme die Zügel nur leicht an und sitze locker und ohne zu stören im Sattel. Die Schenkel hängen am Pferdebauch, ohne zu klemmen. Bei Abzweigungen oder Wendungen öffne ich den inneren Zügel, um dem Pferd die Richtung zu zeigen und gebe somit auch leichte Gewichtshilfen.
Beim zweiten Ausritt beginne ich die Schenkelhilfen einzubauen. Dazu reite ich mit zwei langen Dressurgerten, eine in jeder Hand. Da das Pferd von der Handarbeit die Gertenberührung kennt, gebe ich gleichzeitig mit der Gertenhilfe eine Schenkelhilfe, die das Pferd folglich zusammen verknüpft. Später rufe ich erst die Schenkelhilfe ab und wenn das Pferd diese noch nicht versteht, kommt kurz danach die Gertenhilfe gleich hinter dem Schenkel als Unterstützung dazu.
Ich achte darauf, dass das Pferd schon von Anfang an auf spätestens die dritte Hilfe reagiert. Versucht es meinen Schenkel beim zweiten leichten Druck zu ignorieren, kommt eine Gertenhilfe gleich hinter dem Schenkel zusammen mit dem dritten Schenkeldruck. So lernt es, was gemeint ist. Wichtig ist in meinen Augen auch, dass die Gerte nahe beim Reiterschenkel und nicht auf der Schulter, Kruppe oder dem Oberschenkel eingesetzt wird, da dies fürs Pferd unlogisch ist.
Bin ich auf eine Hilfsperson statt einem Begleitpferd angewiesen, geht sie mit der Longe mit dem Pferd mit, so dass sie etwas mehr Abstand zum Pferd halten kann.
Beim dritten Ausritt baue ich den ersten kurzen Trab ein. Ich trabe die ersten Male im leichten Sitz, um das Gleichgewicht möglichst nicht zu stören. Viele Jungpferde tun sich mit dem Auf und Ab beim Leichttraben etwas schwer und fangen an nicht taktrein zu laufen. Oftmals kann man auch schon auf die Führleine verzichten und das junge Pferd abwechslungsweise vor oder hinter dem Begleitpferd gehen lassen. Dies fördert das Selbstvertrauen, bzw. die Rücksichtnahme und den Gehorsam.
Den dritten Ausritt ohne Begleitpferd mache ich in der Regel auch ohne Begleitperson, ausser sie liebt Joggen 🙂 Sonst bitte ich sie, ein Ohr und Auge offen zu halten, im Fall dass das Pferd ohne mich zurück kommt. Was mir zum Glück noch nie passiert ist und was ich nach all der Vorarbeit auch nicht erwarte.

Grundsätzlich gilt aber immer, dass man sich auf sein Pferd individuell einstellen und je nach Gemütszustand (Rössigkeit zum Beispiel) oder Wetterlage auch mal an etwas anderem Arbeiten muss, als geplant. Schliesslich soll unser Pferd auch Freude an uns haben und gerne mit uns zusammen etwas unternehmen.
Ebenfalls ein Grundsatz ist, dass man Überforderung unbedingt vermeiden muss. Deshalb arbeite ich nicht zwei Tage nacheinander an einem neuen oder an einem kräftezehrenden Thema und mache lieber 20 Minuten lang konzentrierte, gute Arbeit, statt 2 Stunden lang schlechte, sinnbefreite, ziel- oder freudlose.